Streitschrift für Anarchosyndikalismus, Unionismus und revolutionären Syndikalismus

Schlagwort-Archiv: CNT

Vor 45 Jahren – La Furia Libertaria – CNT 1977

27. März 1977 in der Stierkampfarena von San Sebastián de los Reyes 
(einer Vorstadt von Madrid, etwa 18 Kilometer nördlich) Madrid

Es ist gerade 45 Jahre her, dass am 27. März 1977 in der Stierkampfarena von San Sebastian de los Reyes die erste große CNT-Kundgebung nach der langen franquistischen Finsternis stattfand.

In den Worten des damaligen Generalsekretärs der CNT: „Bereits am Mittag waren die Arena und die Tribünen voll besetzt und boten ein beeindruckendes Schauspiel, das durch Fotodokumente für die Nachwelt festgehalten werden wird. Rund 30.000 Menschen hatten sich versammelt, um die Stimme der CNT zu hören. Die Szene war unbeschreiblich: Hunderte von Fahnen, die Hymnen der Organisation, ein großes Getöse, die ersten Parolen, die später in Millionen von Versammlungen und Demonstrationen zu hören sein sollten …“

(Juan Gómez Casas, Relanzamiento de la CNT: 1975-1979)
Madrid – Stierkampfarena San Sebastian de los Reyes

28. Mai in Valencia

2. Juli 1977 in Barcelona

Plakate in Barcelona – überall verklebt …
( eigene Fotos, 2.7.1977 – fm )
Federica Monseny spricht von mehreren hundertausend Genossinnen und Genossen – anfangs wurde von über 300.000 Teilnehmer:innen gesprochen … (der Autor war irgendwo am Springbrunnen mit dabei)
( Fotos Manel Armengol )
Gigantische Kundgebung der CNT in Barcelona

Hunderttausend Personen im Park von Montjuich

Rund 100.000 Menschen nahmen gestern Nachmittag im Montjuich-Park in Barcelona an der Kundgebung teil, zu der der nationale Gewerkschaftsbund (CNT) aufgerufen hatte. Während der Kundgebung im Montjuich-Park in Barcelona, an der unter anderem Federica Montseny, Juan Gómez Casas, Enric Marcos und José Peirat teilnahmen.

Der Generalsekretär der CNT in Katalonien, Enric Marcos, forderte in seiner Rede die Freilassung aller politischen Gefangenen. „Wir sind hier“, sagte er, „um zu zeigen, dass wir nicht verschwunden sind und dass wir nie verschwinden werden.“

Die Kundgebung setzte sich in einer Atmosphäre fort, die durch die ständigen Rufe der Teilnehmer angeheizt wurde, die Slogans wie „Das Volk, vereint, wird niemals besiegt werden“, „Totale Amnestie“, „Ja, ja, ja, ja, Freiheit“ und „Gefangene auf die Straße, auch gewöhnliche Gefangene“ skandierten.

José Peirats, Direktor von Solidaridad Obrera, griff die Nationalitäten [gemeint ist hier v.a. der baskische und katalanische Separatismus] scharf an, und Federica Montseny, Gesundheitsministerin der Zweiten Republik, verwies auf die überhöhten Kosten der vergangenen Wahlen und erklärte, dass „das Fleisch der Abgeordneten sehr teuer geworden“ sei und jeder Abgeordnete die Arbeiterklasse eine Million Peseten koste. Federica Montseny erinnerte daran, die Parallelität des Montjuich-Berges hervorzuheben, „ein Ort“, sagte sie, „mit tragischen Erinnerungen für anarchistische Aktivisten, da viele Opfer der Repression auf diesem Berg hingerichtet wurden“. Die Gewerkschaftszentralen, die mit den Parteien verbunden sind, seien nichts weiter als eine Bremse, um die Arbeiter von einer „Revolte“ abzuhalten. In diesem Zusammenhang griff sie Santiago Carrillo, den Generalsekretär der Kommunistischen Partei Spaniens, scharf an und sagte, er sei „monarchistischer als die Monarchisten“. Wenn das Eurokommunismus ist, dann will ich verdammt sein.

Nach den Reden, an denen u.a. Juan Gómez Casas, Sekretär des Nationalkomitees, und Carlos Piernavieja, Vertreter der andalusischen Organisation, teilnahmen, begann eine „libertäre Feier“.
(El Pais, 3. Juli 1977, Titelseite)

Titelseite El Pais, 3. Juli 1977

Die erste Kundgebung seit dem Krieg

Die Kundgebung fand vor dem Palau Nacional statt, wo sich das Rednerpult befand. Auf den Stufen darunter und in den verschiedenen Seitenstraßen bis zur Reina Maria Cristina versammelten sich mehrere tausend Menschen, um an der ersten großen Kundgebung in Barcelona nach dem Bürgerkrieg teilzunehmen. Nach Angaben der Guàrdia Urbana nahmen 150.000 Menschen teil. Nach Angaben der Organisation waren es 300.000.

betevé, 2 de juliol del 2021, katalanisch • https://beteve.cat/va-passar-aqui/cnt-miting-1977-montjuic/

Über den Aufstieg und Fall der spanischen CNT-AIT siehe auch den Artikel aus der barrikade # 3 vom April 2010:

fm, 17. Mai 2022

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Neuerscheinung 6. Mai 2015

Doris Ensinger – Quer denken, gerade leben.

Erinnerungen an mein Leben und an Luis Andrés Edo.

TB EDOEnsinger-Umschlag (download)

Das Buch ist am 6. Mai druckfrisch eingetroffen/erscheinen. Umfang 420 Seiten zum Preis von 20 EURO. Format 23,3 x 15,8 cm – Gewicht: 732 g • Für Wiederverkäufer/Buchhandel und AS-Gruppen gilt der Buchhandelsrabatt von 40% zuzügl. Porto/Versand.
ISBN 978-3-921404-01-0, 20 Euro

* * *

Erste Rezension:

Doris Ensinger – Autobiographie einer kämpfenden Frau

12. April 2015
2015 wird als deutsche Erstveröffentlichung die Autobiographie von Doris Ensinger im Hamburger Verlag Barrikade erscheinen. Wer sich nun sagt: „Doris Ensinger – nie gehört“, dürfte damit nicht alleine stehen. Denn sie ist nach eigener Aussage und Erfahrung eine der „namenlosen Frauen“, die nahezu unbekannt an der Seite aktiver Anarchosyndikalisten und Anarchisten leb(t)en und kämpf(t)en. Ihre mehrere hundert Seiten umfassenden Erinnerungen sind „allen Frauen gewidmet, die als Lebensgefährtin an der Seite eines jener bekannten oder anonymen historischen Kämpfer der anarchistisch-libertären Bewegung Spaniens lebten“, und „die eine bedeutende Rolle in den sozialen Kämpfen des 20. Jahrhunderts spielten. Oftmals halfen sie bei den Aktionen oder waren direkt am Kampf beteiligt, indem sie als Botin agierten oder Material und Personen versteckten. Mit ihrem selbstlosen Verhalten, mit ihrer Aufopferung und ihrem Mut machten sie den Kampf ihrer Männer oft erst möglich. Bisher wurde diesen Namenlosen wenig Aufmerksamkeit und Dankbarkeit zuteil, aber ohne sie hätten viele Aktionen nicht in der Weise durchgeführt werden können, wie dies dann geschah.“ Die in den 1940er Jahren im schwäbischen (Bad) Urach aufgewachsene Autorin wirkte in der alten Bundesrepublik in verschiedenen linken Basis-Gruppen, davon über einen längeren Zeitraum in München und arbeitete u.a. in der internationalen Solidaritätsbewegung mit verfolgten Antifaschisten und Anarchisten in Spanien. Bei einem ihrer dortigen Aufenthalte traf sie 1977 an ihrem Geburtstag in Barcelona auf Luis Andrés Edo. Er wurde die „große Liebe meines Lebens“. Mehr als dreißig Jahre lang, bis zu seinem Tod 2009, blieben die beiden zusammen. Der Eisenbahner, Bauarbeiter, Anarchist und Syndikalist Louis Andrés Edo kämpfte sein ganzes Leben für eine freie Gesellschaft, war im antifaschistischen Kampf gegen das Franco-Regime aktiv und arbeitete in vielen verantwortlichen Funktionen der anarcho-syndikalistischen CNT-AIT. U.a. war er Generalsekretär des katalanischen Regionalkomitees und Herausgeber der traditionsreichen und vielgelesenen „Solidaridad Obrera“ („Arbeiter-Solidarität“). Für seine Überzeugungen verfolgte ihn der Staat und inhaftierte ihn oftmals. Mehrfach wurde er in Isolationshaft gefangen gehalten. Über die Grenzen Spaniens hinaus war Luis Andrés Edo schon zu Lebzeiten ein bekannter und geschätzter Genosse. Vorträge und Treffen führten ihn auch nach Deutschland. Im Zuge CNT-interner politischer Intrigen und Manipulationen wurde er zusammen mit der Mehrheit der Mitglieder der CNT-AIT von Katalonien 1995 ausgeschlossen. Er engagierte sich weiterhin im anarcho-syndikalistischen Sinne in dieser bis heute fortbestehenden CNT Kataloniens und Barcelonas, welche zur besseren Unterscheidung von der offiziellen CNT-AIT den Beinamen „Joaquín Costa“ trägt. Von ihm stammen zwei wichtige Werke zur Geschichte des spanischen Anarchosyndikalismus. Diesen möchte Doris Ensinger ihre Autobiographie hinzufügen. Denn sie schreibt: „Ich bin mit dem Gedanken an dieses Buch herangegangen, die beiden von Luis Andrés Edo geschriebenen Bücher – zum einen das theoretische Werk La Corriente und zum anderen seine Memoiren La CNT en la encrucijada. Aventuras de un heterodoxo – zu ergänzen. Mit meinem Buch möchte ich etwas von der persönlichen, menschlichen Seite von Luis sichtbar machen, da er auf diese Aspekte in seinen Memoiren fast nicht eingegangen ist. Ich beschreibe also die mit ihm gemeinsam erlebten Jahre aus meiner Sicht und erzähle auch einige Anekdoten, die mir interessant erscheinen, und die nicht in Vergessenheit geraten sollten. Außerdem erzähle ich meine Geschichte mit einem Blick von Deutschland auf Spanien und umgekehrt.“ Doris Ensingers Autobiographie ist ein Buch, auf das wir uns alle freuen können. Es erhebt den Anspruch, den ganzen Menschen zu zeigen. Doris Ensinger: Quer denken – gerade leben. Erinnerungen an mein Leben und an Luis Andrés Edo. Deutsche Erstveröffentlichung. Verlag Barrikade, Hamburg 2015. ISBN 978-3-921404-01-0, 20 Euro Quelle: Blog Institut für Syndikalismusforschung

amapola3Möge Dir die Erde leicht sein!

Souchy │ Gerlach: Die soziale Revolution in Spanien

Soeben erschienen (30. November 2012)

tb-souchySouchy Gerlach

Die soziale Revolution in Spanien

Kollektivierung der Industrie und Landwirtschaft in Spanien 1936 -1939

Dokumente und Selbstdarstellungen der Arbeiter und Bauern

Mit einer Besprechung von Karl Korsch

184 Seiten großes Format 163 x 235 mm und diversen Plakaten und Bildern – 10 Euro (inkl. Versand)

»Gegenüber der »idealistischen« wie der »realistischen« Oberflächlichkeit der bürgerlichen Historiker ist der proletarische Leser immer noch auf den aufklärenden Bericht über die ersten sieben Monate sogenannter Kollektivierung im revolutionären Spanien angewiesen, der von den spanischen Arbeitern selbst veröffentlicht wurde, um die Verschwörung des Schweigens und der Entstellung  zu durchbrechen, die den wirklich revolutionären Aspekt der jüngsten spanischen Ereignisse fast völlig ausgelöscht hat.

Zum ersten Male, seit den Sozialisierungsversuchen in Sowjet-Rußland, Ungarn und Deutschland nach dem ersten Weltkrieg zeigt der hier beschriebene revolutionäre Kampf der spanischen Arbeiter einen neuen Typus des Überganges von der kapitalistischen zur gemeinwirtschaftlichen Produktionsweise, der, wenn auch unabgeschlossen, in einer beeindruckenden Vielfalt der Formen durchgeführt wurde. Es schmälert die Bedeutung dieser revolutionären Erfahrung nicht, daß alle diese Fortschritte der Arbeiterschaft auf dem Wege zu einer freien Gemeinwirtschaft in der Zwischenzeit entweder von außen durch den Vormarsch der Konterrevolution oder von innen durch die scheinbaren Verbündeten in der antifaschistischen Front zunichte gemacht wurden. Durch offene Unterdrückung oder – häufiger – unter dem Vorwand der »höheren Notwendigkeit« disziplinierter Kriegsführung wurden die Arbeiter gezwungen, auf die Früchte ihres Kampfes zu verzichten. Zu einem großen Teil wurden die revolutionären Errungenschaften der ersten Stunde von ihren Initiatoren in dem vergeblichen Bemühen, damit das Hauptziel, den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus zu fördern, freiwillig geopfert.

Trotzdem sind die Bemühungen der spanischen Arbeiter an der sozialen und wirtschaftlichen Front nicht völlig vergeblich gewesen.«

 Karl Korsch

schwarz-roter balken

• Bestellungen per email an: barrikade [at] gmx.org

6-disciplinaw Besonderes Dezember-Angebot:

Souchy-Buch plus die beiden letzten barrikade-Ausgabe für zusammen 15,- Euro (inkl. Versand)

• Kontoverbindung: Folkert Mohrhof – GLS-Bank [430 609 67] – Konto: 2002 314 600

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[30.11.12]

19. Juli 1936 – Zum Souchy │ Gerlach-Buch

 

Augustin Souchy  │  Erich Gerlach

Die soziale Revolution in Spanien

Kollektivierung der Industrie und Landwirtschaft in Spanien 1936-1939
Dokumente und Selbstdarstellungen der Arbeiter und Bauern

Karin Kramer Verlag, Berlin 1974 – Neuauflage: barrikade, November 2012

Die Streitschrift barrikade wird fast vierzig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung durch den Berliner Karin Kramer Verlag, diese eindrucksvolle Dokumentation von Erich Gerlach (Übersetzer) und Augustin Souchy neu herausgeben. Dies scheint uns umso dringender, weil die Leistungen der Spanischen Revolution vielen jüngeren Genossinnen und Genossen kaum oder gar nicht bewusst sind und scheinbar auch in Vergessenheit geraten. Das wäre fatal und ein weiterer Grabstein auf die Errungenschaften der bisher einzigartigen sozialen Revolution, die die Arbeiterselbstverwaltung durchsetzen konnte.

Anhand der übersetzten Dokumente – die Augustin Souchy, deutscher Anarchosyndikalist, Mitglied der FAUD und des IAA-Sekretariats sowie direkter Begleiter der Revolution nicht nur in Barcelona (1) – wird schnell deutlich, mit welchen Problemen eine kollektivierte Ökonomie konfrontiert wird, die zeitgleich in offener Schlacht dem putschistischen Militär unter Franco die Stirn bieten musste.

Den Bürgerkrieg mussten die Revolutionäre (männlich wie weiblich) auch gegen das Trommelfeuer deutscher und italienischer Faschisten standhalten, den Hitler und Mussolini nutzten den Aufstand der proletarischen Bevölkerung gegen den faschistischen Putsch der spanischen Generäle, um ihre Militärmaschinerie (Flugzeuge und Panzer) mit „freiwilligen“ Legionären (Legion Condor) zu erproben – damit hatte „Rotspanien“, das in der Arbeiterbewegung mehrheitlich überaus eindeutig ein „Schwarzrotes Spanien“ war, keine echte Chance. Zumal die sowjetischen Helfershelfer Waffen nur gegen Gold und politischen Einfluß lieferten und die Stalin treu ergebenen Kommunist/innen an der Front und im befreiten Hinterland ihren Kampf gegen „Trotzkisten und Anarchosyndikalisten“ von POUM und CNT-FAI-FIJL-Mujeres Libres mit eigenen Geheimdiensten bis aufs Messer fortsetzten (wie im nachrevolutionären Russland auch), um die soziale Revolution zu ersticken und sich als Retter einer maroden bürgerlichen Demokratie zu feiern.

August Souchy dokumentiert in diesem Buch auch eine andere Sichtweise: Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, Lohnerhöhungen, Überstundenverbote, Selbstverwaltungsstrukturen und die wichtigsten Beschlüsse des Nationalen Wirtschaftsrates der CNT von 1938. An diesen Dokumenten wird deutlich, wie vielschichtig eine soziale Umwälzung ist und wie konsequent die spanischen Genossinnen und Genossen die Probleme angegangen sind.

• Eventuelle Überschüsse gehen in weitere Buchprojekte und die Herausgabe der Streitschrift barrikade. Wir danken dem Karin Kramer Verlag ganz herzlich für die Zusammenarbeit und die Zusage zur Herausgabe dieser Neuauflage. [fm, 18. Juli 2012]

Verkaufspreis: 10 €

Lieferung erfolgt portofrei gegen Rechnung.

Auflage: 400 Exemplare * Umfang: 184 Seiten A5 mit diversen Abbildungen, farbiger Umschlag, neuer Satz.

Email mit Lieferanschrift an: barrikade [kringel] gmx.org

Zum Inhalt:

Erich Gerlach kommentierte die Texte in seiner Einleitung:

»Die beiden hier erstmals einer deutschen Leserschaft zugänglich gemachten Schriften „Collectivisations“ und „Acuerdos del Pleno Económico Ampliado“ wurden während des spanischen Bürgerkrieges veröffentlicht. Aus heutiger Sicht sind sie zweifach wichtig. Sie zeigen erstens, daß der spanische „Bürgerkrieg“ zugleich eine tiefgreifende soziale Revolution war, nicht aber, wie die Moskauer Schule des Kommunismus behauptet, eine „nationalrevolutionäre Befreiungsbewegung“ in den Grenzen einer bürgerlich-demokratischen Revolution und auch nicht, wie Liberale und Sozialdemokraten meinen, ein bloßer Kampf zur Verteidigung des Parlamentarismus gegen die faschistische Konterrevolution und zweitens vermitteln sie uns ein von den herrschenden „marxistischen“ und staatssozialistischen Auffassungen radikal verschiedenes Modell der Arbeiterbewegung und des Sozialismus.«

Augustin Souchy schreibt in seinem Vorwort:

»Einige Wochen vor Ausbruch des Bürgerkrieges war ich zu einer Vortragsreise nach Spanien gekommen. Diesem Zufall hatte ich es zu verdanken, daß ich in der historischen Nacht vom 19. bis 20. Juli und die darauf folgenden Tage auf den Straßen von Barcelona an der Seite der spanischen Kämpfer stand. 30 Monate hindurch widmete ich alle meine Kräfte der Sache der Arbeiter und Bauern Spaniens, bis ich, im Januar 1939, einen Tag vor Barcelonas Fall, die Stadt fluchtartig verlassen mußte.

Aus dem Abwehrkampf gegen die Militärputschisten hatte sich eine Revolution entwickelt, eine profunde soziale Revolution. Die Anarchisten begnügten sich nicht mit der bloßen Verteidigung der Formaldemokratie, sie gingen in allen Landesteilen, wo es ihnen gelungen war, den Putsch niederzuschlagen, zum Gegenangriff über. Ihrer Meinung nach konnten die Übel des Militarismus und die Gefahr des Faschismus nur durch Errichtung einer freiheitlich sozialistischen Gesellschaftsordnung beseitigt werden. Von dieser neuen und freien Ordnung hatten sie freilich andere Vorstellungen als die Sozialdemokraten und Kommunisten. Sie erwarteten die Lösung der sozialen Probleme nicht von der Gesetzgebung, sie wollten von der staatlichen  Verwaltungswirtschaft nach russischem Modell nichts wissen, und sie verwarfen auch die sogenannte Diktatur des Proletariats. Der private Großgrundbesitz und die privaten Wirtschaftsunternehmungen sollten, nach ihrem Konzept, nicht verstaatlicht, sondern von den Beschäftigten selbst gemeinsam verwaltet werden. Diese Theorie wurde in der zweiten Julihälfte und den darauffolgenden Wochen und Monaten in die Praxis umgesetzt.
Es begann in Barcelona. Die Putschgeneräle waren inhaftiert, die Eigentümer und Manager der großen Unternehmungen geflüchtet. In Übereinstimmung, mit ihrem seit Jahren auf Kongressen und Konferenzen ausgearbeiteten Programm nahmen die militanten Gewerkschafter die Verwaltung der im Privatbesitz befindlichen Verkehrsunternehmungen, der Kraft- und Wasserwerke sowie der privaten Industrieunternehmungen in ihre Hände. Arbeiter, Techniker, Ingenieure und Verwaltungsangestellte bildeten ein gemeinsames Arbeitskollektiv. Die Erhöhung der Löhne um 15% konnte durch Einsparung der Dividenden und Rationalisierung des Arbeitsprozesses ohne Preissteigerung finanziert werden. Die Entfremdung des Lohnempfängers von seinem Werk war im Kollektivbetrieb überwunden, das Interesse an der Produktivität gestiegen, denn nun war der Arbeiter mitbestimmender Kollektivist.«

Und das sagte die CNT:

»Diese Probleme, um die sich niemand kümmert, weil der von der CNT vorgeschlagene nationale Wirtschaftsrat, in dem die beiden großen Gewerkschaften CNT und UGT und die Regierung vertreten sind, noch nicht gebildet wurde, werden wir von uns aus sofort zu lösen versuchen. (…)
Das Wichtigste ist anzufangen. Wir sind uns der Vielfalt der Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich vor uns auftürmen, bewußt, aber wir sind sicher, daß wir alle Schwierigkeiten überwinden und das Mögliche erreichen werden. Fangen wir an. Mögen einige unserem Beispiel folgen und bei der praktischen Demonstration unserer Studien und Beschlüsse ihren Irrtum erkennen und sich überzeugen, das Vieles getan‘ werden kann. Wiederholen wir: das Wichtigste ist anzufangen. Und die CNT fängt an.«

INHALT

ERICH GERLACH

Zu den Texten ……………………………………………………………………………..  11
Aufbau einer neuen Gesellschaft …………………………………………………….. 13
Historischer Hintergrund ……………………………………………………………… 13
Der Einfluß Bakunins ……………………………………………………………………. 14
„Realistische“ Syndikalisten und „reine“  Anarchisten …………………………. 18
Die Entwicklung der Organisationsprinzipien der CNT ……………………..… 20

AUGUSTIN SOUCHY

Warum und wie dieses Buch entstand (1973) … 30
Vorwort zur „Kollektivierung“ (1937) … 34

Großkapital, Militär und Klerus … 38
Sozialisierung und Kollektivierung … 40
Die Schwierigkeiten … 42
Kollektiver Kapitalismus … 43
Reservefonds, Kurzarbeit und Rationalisierungen … 43
Sozialisierung – nicht Nationalisierung … 44

II.
Enteignung? …………………………………………………………………… 44
Kollektivierung von Grund und Boden … 46

III.
Handel und Konkurrenz … 48

IV.
Die Banken …………………………………………………………………….. 49
Die Lebensmittelversorgung … 49

V.
Weg der Kollektivierung … 50
Vorwort des CNT Verlages zur zweiten Auflage  der „Kollektivierung“ … 54
Einleitung des CNT Verlages (1937) … 55
Kollektivierung der Industrie und Landwirtschaft … 56

Erster Teil

Die neue kollektive Wirtschaft

I. Dekret zur Kollektivierung

a) Kollektivierte Unternehmen
b) Der Betriebsrat …57
c) Das Kontrollorgan in den Privatunternehmen … 60
d) Die Generalräte der Industrie … 61
e) Industrielle Gruppierungen … 62
f) Industrielle Verpflichtungen

II. Skizze der katalanischen Wirtschaft … 66

Zweiter Teil

Die kollektive Arbeit innerhalb der Industrie

I. Die Transportunternehmen … 68

II. Die Textilindustrie … 81
a) Ihre Struktur
b) Struktur der kollektiven Organisation in der Textilindustrie … 83
c) „Industrielles Spanien“ – eine kollektivierte Fabrik … 93

III. Verschiedene Industriezweige
a) Die Hispano-Suiza Werke … 102
b) Die Industrie optischer Gläser hat ihren Ursprung in der Revolution …103
c) Die CAMPSA von Katalonien wird kollektiviert … 107

IV. Die Lebensmittelversorgung … 109

V. Öffentlicher Dienst … 116

VI. Das Handwerk … 128

VII. Landwirtschaft … 132

Dritter Teil

Die Kollektive in den katalanischen Provinzen … 141
Die Beschlüsse des erweiterten nationalen Wirtschaftsplenums 1938 …185
An die Gewerkschaften  … 186
Einsetzung von Arbeitsinspektoren …190
Beschluß über die Arbeitsvergütung … 191
Beschluß über die Gründung der Gewerkschaftsbank … 194
Gründung einer gewerkschaftlichen Verwaltungsstelle für Versicherungen … 197
Koordinierung, Kontrolle und Ausrichtung der CNT-Organe,
die mit Versicherung und sozialer Fürsorge beauftragt sind oder sie von sich aus betreiben … 201

Resolution des erweiterten nationalen Plenums … 204
Korrespondenten, Bulletins, Zeitschriften … 207
Ausbau der Verbraucher-Genossenschaften … 208
Wirkungsvolle Planung der Industrie … 210
Zentralisation der Verwaltung der Wirtschaft der CNT ……………………..… 157
Zentralisation der Verwaltung einer nationalen Industrieföderation …..… 157
Die Bildung der verschiedenen Räte für Technik, Verwaltung und Statistik … 159
Die Wirtschaftsräte … 218
Allgemeine Arbeitsregeln …………………………………………………………….… 162
Schlußbetrachtung ……………………………………………………………………..… 170

Karl Korsch

Die Kollektivierung in Spanien ……………………………………………………….. 172

Index ……………………………………………………………………………………….… 178

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(1)   siehe dazu sein jetzt erst in der Edition AV erschienenes Buch „Bei der Landarbeitern in Aragon – Der freiheitliche Kommunismus in den befreiten Gebieten“, Lich 2012
http://www.edition-av.de/

barrikade #7 – April/Mai 2012

Die neue Ausgabe der barrikade # 7  — April/Anfang Mai 2012:

barrikade # 7   –   April 2012

Inhaltsverzeichnis

• Karl Roche und die FVdG zu Genossenschaften 1910-1914
• Über die Arbeitsbedingungen in einer SPD-Genossenschaft 1913

Schwerpunkt:
• Abrechnung mit Seidmans Buch Arbeiter gegen die Arbeit
• Rezension von Helen Graham zu Workers against Work: »… ein unzulängliches Buch«
Wenn man genauer hinsieht, ist es ganz anders. [HH]
Seidmans Plakat-Märchen [Folkert Mohrhof]
• Rezension zu Seidmans Republic of Egos
• D.A. de Santillán: Wirtschaftlicher Wiederaufbau

• Protokoll der 3. Reichskonferenz der AAU
• Hans Jürgen DEGEN: Rudolf Rockers Betrachtungen zur Lage in Deutschland, 1947

Rezensionen: Auf dem Weg – eine Kooperative in Venezuela

Ausgabe ist jetzt auch als pdf zum download verfügbar.

barrikade-sieben

NEU: die Ausgaben # 1 – # 5 sind jetzt online zum download bereit —> muckracker/download